Aktuell macht eine Meta-Analyse die Runde, die Yoga als besonders schlaffördernd und hilfreich bei Schlafstörungen herausstellt. Über 30 randomisierte Studien mit mehr als 2.500 Teilnehmer:innen wurden ausgewertet, und tatsächlich: Yoga schnitt im Vergleich zu Gehen, Krafttraining oder Ausdauertraining am besten ab.
Klingt nach der perfekten Lösung? Wie immer aber kommt es darauf an.
Zunächst:
Was die Studien wirklich hergeben
Ja: Yoga zeigt positive Effekte auf Schlafprobleme, definitiv!
Aber: Die Aussagekraft bleibt trotz der großen Zahl an Studien begrenzt.
Warum?
- Yoga ist kein klar definierter Standard. Intensität, Stil, Erfahrung – alles variiert massiv, wird aber nicht selten als „die Lösung“ verkauft.
- Die Studien richteten sich an Personen mit Schlafstörungen. Das heißt: Für Menschen mit chronischem Stress, mentalen Problemen oder schwerwiegenden Schlaf-/Psychiatrie-Problemen könnte Yoga allein nicht ausreichen. Es gibt Hinweise, dass manche Formen der Bewegung (oder bestimmte Lebensumstände) eine zu einfache Lösung suggerieren.
- Wirksam in Sachen Schlaf wurde Yoga, wenn mindestens konsequent, zweimal pro Woche, etwa 30 Minuten über mehrere Wochen praktiziert.
- Die Meta-Analyse betont selbst, dass mehr hochwertige Forschung nötig ist.
Yoga: sinnvoll – aber oft falsch eingeordnet
Aus meiner persönlichen Sicht entsteht eines der größten Missverständnisse genau hier:
Yoga wird oft wie eine Therapie verkauft. Das ist es aber nicht. Yoga ist zunächst einmal eine Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen bzw. Praktiken wie Yama, Niyama, Asanas, Pranayama, Pratyahara, Kriyas, Meditation und Askese umfasst. Verkürzt könnte man auch sagen, es ist in seinem Ursprung ein altes Mindset-Konzept zur Beherrschung der Sinne, das im Laufe der Zeit dann auch ergänzende und erweiternde Bewegungen mit einbezog, aber eben keine Therapieform. Der größte Unterschied: Eine Therapie ist zeitlich begrenzt, Yoga nicht, dessen muss man sich bewusst sein.
Konsequent eingesetzt kann es den Schlaf verbessern, weil es Abläufe beinhaltet, die, optimal ausgeführt, Körperwahrnehmung, Atmung und Nervensystem regulieren. Aber Yoga „heilt“ keine tiefen Ursachen im modularen Baukastenverfahren, um dann wieder im „Normalmodus“ weiterleben zu können. Wer schwere Schlafprobleme, Traumata, neurologische Störungen oder massive Stressbelastungen hat, braucht in der Regel andere Ebenen der Unterstützung. Yoga kann da begleiten, aber nicht ersetzen.
Yoga als Selbstwert-Schlafstörungs-Falle?
Gerade habe ich sie schon angesprochen, die Konsequenz, die nötig ist, um die Chance auf den Benefit, auch in Sachen Schlaf, massiv zu erhöhen. Gerade diese Konsequenz und die damit verbundene Disziplin werden häufig unterschätzt, zumal Menschen mit Schlafstörungen ja ohnehin mit weniger Energie für den Tag zu kämpfen haben. Yoga geht nicht selten mit einer Lebensveränderung einher, und wer dieser dann nicht gewachsen ist, kann am Ende enttäuschter, energieloser und mit noch mehr Schlafstörungen kämpfend allein dastehen, da Yoga-Lehrer auch keine Experten für Schlafstörungen oder Veränderungsprozesse und deren Auswirkungen sind.
Diese „Falle“ steckt natürlich nicht nur in Yoga, sondern auch in anderen Lehren oder Methoden der Bewusstseinserweiterung. Und bei allem kommt es am Ende auf die Professionalität und Seriosität dessen an, der begleitet.
Wann Yoga hilft – und wann nicht
Hilfreich ist Yoga, wenn:
- Schlafprobleme stressbedingt, körperlich-verspannungsbedingt oder mental überlagert sind.
- man bereit ist, regelmäßig, konsequent und diszipliniert zu üben.
- man Yoga als Prozess versteht, nicht als „Lösungsquickie“.
Nicht ausreichend ist Yoga, wenn:
- die Schlafprobleme tief verankert oder medizinisch begründet sind.
- man Yoga sporadisch „mal eben“ macht.
- man es als Therapieersatz missversteht.
- man noch nicht bereit ist für einen grundlegenden Mindset-Shift.
Fazit
Yoga ist kein Wundermittel – aber ein starkes Werkzeug im Gesundheitsbaukasten. Wer es konsequent praktiziert, profitiert oft auch beim Schlaf. Wer es als Therapieersatz verkauft oder konsumiert, schürt falsche Hoffnungen.
WICHTIG! Selbst erfahrene Yogi-Lehrer sind in der Regel keine Schlaf- oder gar Chronobiologie-Profis, wie auch Schlaf- und Chronobiologie-Experten in der Regel keine qualifizierten Yoga-Lehrer sind. Aber, und das ist mir am Ende wichtig zu betonen, in dem interdisziplinären Mix liegt viel Potenzial, den noch zu wenige Yoga-Lehrer bzw. Schlafexperten nutzen.
Gerade in einer Zeit, in der schnelle Lösungen dominieren, bleibt die nüchterne Einordnung:
Yoga bietet in Sachen Schlafstörungen viel Potenzial, das aber professionell, interdisziplinär und vor allem individuell eingeschätzt werden muss, ansonsten kann es kontraproduktiv werden.
Quellen und weiterführende Links
https://de.wikipedia.org/wiki/Yoga
Carly Cassella, „One Form of Exercise Improves Sleep The Most, Study Finds“, ScienceAlert 2025, https://www.sciencealert.com/one-form-of-exercise-improves-sleep-the-most-study-finds
Li, L., An, J., Wang, D. et al. Which exercise prescription is most effective for patients with sleep disorders?: a network meta-analysis of 30 randomized controlled trials. Sleep Biol. Rhythms 23, 355–372 (2025). https://doi.org/10.1007/s41105-025-00596-7