Erektionsstörungen durch Schlafprobleme, ist das möglich? Im Prinzip kann man in 99,9% der Fälle davon ausgehen, dass ein Mangel an Schlaf zu schlechterer Leistung auf…

Es klingt zunächst alarmierend – und die Schlagzeilen lesen sich entsprechend: „Zu viel Schlaf kann das Leben verkürzen.“ Wieder einmal bestätigt eine neue Studie den Zusammenhang zwischen einer langen Schlafdauer und einem erhöhten Sterberisiko. Doch endlich geschieht etwas, das in der Schlaf- und Gesundheitsforschung längst überfällig war: Die Kausalität wird in Frage gestellt. Nicht der lange Schlaf selbst führt zum Tod, sondern die Erkrankungen, die den langen Schlaf überhaupt erst notwendig machen.
Was die neue Studie wirklich sagt
In der aktuellen Analyse von Daten aus mehr als 39 Jahren Beobachtungszeitraum und über 1,6 Millionen Menschen (basierend auf aggregierten Studien), zeigt sich eine deutlich erhöhte Sterblichkeit bei Menschen, die regelmäßig mehr als 9 Stunden pro Nacht schlafen. Dieser Befund ist nicht neu, ähnliche Ergebnisse gab es bereits in den letzten zwei Jahrzehnten. Doch was sich ändert, ist der Blick auf die Ursache.
Statt wie früher pauschal davon auszugehen, dass „zu viel Schlaf“ ungesund ist, erkennt die aktuelle Studie an, dass der lange Schlaf oft ein Symptom ist, ein Hinweis auf zugrundeliegende Gesundheitsprobleme wie:
- chronische Entzündungen,
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
- depressive Störungen,
- neurodegenerative Erkrankungen,
- oder sogar eine frühe Reaktion des Körpers auf metabolische Dysbalancen.
Damit wird deutlich: Nicht der Schlaf ist krankhaft. Die Krankheit verändert den Schlaf.
Ein Perspektivwechsel, der längst überfällig war
Ich selbst habe in früheren Artikeln und Gesprächen immer wieder darauf hingewiesen, dass die Aussage „mehr als 9 Stunden Schlaf ist gefährlich“ eine irreführende Verkürzung darstellt. Sie dreht Ursache und Wirkung um und kann in der Folge sogar schädlich sein, weil sie Menschen dazu bringt, ihren Schlaf künstlich zu verkürzen, obwohl der Körper aus gutem Grund Ruhe verlangt.
Der menschliche Organismus ist hochintelligent. Wenn er regelmäßig mehr als 9 Stunden Schlaf einfordert, dann sollte das nicht ignoriert oder pathologisiert werden, sondern Anlass für eine ehrliche und gründliche Innenschau sein.
Was zu viel Schlaf tatsächlich bedeuten kann
In meiner Arbeit erlebe ich es immer wieder: Menschen, die plötzlich sehr viel schlafen, fühlen sich dafür schuldig oder „nicht normal“. Manche versuchen mit Weckern, Koffein oder Schlafunterbrechung gegenzusteuern, statt zu fragen: „Warum ist mein Körper so müde?“
Dauerhaft längerer Schlaf kann ein Zeichen sein für:
- zunehmende Entgiftung,
- körperliche Heilprozesse,
- unausgeglichene hormonelle Regulation,
- seelische Überforderung oder Verarbeitung,
- oder ganz einfach chronische Erschöpfung, die nie richtig auskuriert wurde.
Der Schlüssel: Qualität statt Quantität
Viel wichtiger als die Stundenanzahl ist die Frage: Wie ist die Qualität des Schlafs?
Ein Mensch, der 9,5 Stunden schläft und erholt aufwacht, lebt möglicherweise gesünder als jemand, der sich nach 6 Stunden unausgeruht aus dem Bett quält, aber glaubt, er habe „alles richtig gemacht“.
Die Schlafarchitektur, also die Tiefe und die Zyklen des Schlafs, sagt oft mehr über die Gesundheit aus als die bloße Dauer. Hier wird in der öffentlichen Debatte viel zu wenig differenziert.
Die Gefahr der Schuldumkehr
Wenn Menschen hören, dass „zu viel Schlaf tödlich sein kann“, entsteht schnell der Eindruck: „Ich bin selbst schuld, wenn ich krank werde -> ich habe zu viel geschlafen.“
Das ist eine gefährliche Umkehrung, die nicht nur wissenschaftlich falsch, sondern auch psychologisch toxisch ist.
Wir müssen weg von einem Schuldnarrativ und hin zu einem verstehenden Blick auf die Zeichen des Körpers.
Längerer Schlaf ist oft ein Alarmsignal, das sagt: „Etwas stimmt nicht, bitte schau hin.“
Wer dann mit Disziplin, Zeitdruck oder Selbstvorwürfen reagiert, entfernt sich noch weiter von der Lösung.
Was nun zu tun ist – praktische Empfehlungen
Wenn du regelmäßig mehr als 9 Stunden schläfst und dich trotzdem müde, benommen oder leer fühlst, dann ist der erste Schritt keine Reduktion, sondern eine Ursachensuche:
- Lass dein Blutbild checken (Entzündungswerte, Schilddrüse, Nährstoffstatus).
- Überprüfe dein seelisches Gleichgewicht – Stress, Überforderung, verdrängte Emotionen.
- Achte auf stille Entzündungsquellen – Zahngesundheit, Darm, Umweltbelastung.
- Beobachte deinen Rhythmus – gibt es nächtliche Wachphasen? Unterbrechungen?
- Und: Gönn dir wirkliche Ruhe – nicht nur Schlaf, sondern auch innere Stille.
Fazit: Der Körper ist kein Gegner
Wir leben in einer Gesellschaft, die Leistung über Regeneration stellt. In der Müdigkeit als Schwäche gilt und Schlaf als vergeudete Zeit.
Dabei ist Schlaf eine der intelligentesten, tiefsten Selbstheilungsfunktionen, die der menschliche Organismus kennt.
Statt sie zu verdächtigen, sollten wir sie würdigen.
Und statt Symptome zu bekämpfen, sollten wir ihre Ursachen erforschen.
Ich hoffe, dass mit dieser Studie ein Umdenken beginnt –
nicht nur in der Forschung, sondern auch im Alltag,
in unserem Blick auf uns selbst und unseren Schlaf.
Denn Schlaf ist kein Feind.
Er ist ein Freund, der uns sagt,
wann wir nicht mehr gegen uns leben sollten.
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